“Ich bin am 16. April 1940 geboren. 1965 habe ich mein erstes Buch veröffentlicht, 1969 habe ich aufgehört zu schreiben. Was ich jetzt mache sind Fotos und Filme.”
“Gelber schmutziger Himmel. Gelbschmutziger Himmel. Ein gelbschmutziger Himmel. Ein gelbschmutziger Himmel über mir. … Ein verdammter Scheißdreck von Himmel. Ein mieser gelber schmutziger Kölner verfluchter elender Kackhimmel. Ein von Lichtfetzen verkackter Himmel. Ein mieses Stück von Himmel. Ein Kackhimmel. Ein riesiger Scheißdreck von Himmel jetzt in diesem Moment, an dieser Bahnstelle, entlang der Bahn, zwischen diesen toten Bäumen.”
“Als ich zum ersten Mal nach Köln kam, sah ich nur noch Fratzen. Fratzen in der Straßenbahn, Fratzen auf Plätzen und Straßen. Mit ihren kleinen Büdchenfressen, ihrer kleinen Büdchenmentalität, mit ihrer Kölsch- und Halve Hahn-Mentalität und dann noch Literatur oder Kunst. Zum Scheißen. Und zum Weggehen, was ich tun werde.”
„Ich hasse alte Dichter! Der Vortrag Leslie Fiedlers ist nichts anderes als eine Tagesaktualität, die deutlich macht, wie sehr Literatur der Aktualität bedarf, will sie sich nicht selber aufgeben. Differenzieren kann man später, wenn es Produkte gibt, in denen heutige Aktualität verarbeitet ist. Um zu solchen Produkten zu kommen, ist es notwendig, daß die Kluft zwischen den Generationen sich noch weiter vertieft, so jedoch ist die Literatur, besonders hierzulande, noch überwiegend beherrscht von dem ungeschriebenen Gesetz: Die Toten bewundern die Toten.“
„Eine globale Empfindsamkeit beginnt sich anzudeuten, wie sie auch in den Studentenaufständen überall wirksam wird. Es ist ein Aufstand gegen die dreckigen Bilder, die andere dreckige Bilder nach sich ziehen und so lange als einzig ›wahre‹ Bilder verstanden wurden: gegen den mörderischen Wettlauf, konkurrenzfähig zu sein, gegen den besinnungslos hingenommenen Gewaltakt, gegen das Auslöschen des Einzelnen in dem alltäglichen Terror. Die alltäglichen Dinge werden vielmehr aus ihrem miesen, muffigen Kontext herausgenommen, sie werden der gängigen Interpretation entzogen, und plötzlich sehen wir, wie schön sie sind … ein Schlittschuh, der über die Eisfläche gleitet, eine Hand, die einem Hund Hundefutter hinhält, mein liebstes Gemüse broccoli – denn die alltäglichen Sachen und Ereignisse um uns sind terrorisiert worden; dieser winzige, aber überall verteilte Terror wird zersetzt, das konkrete Detail befreit. Jetzt ist es ein Schlittschuh, der über eine Eisfläche gleitet. Jetzt ist es ein Mädchen, das lächelt. Dies ist mein liebstes Gemüse, broccoli.“
„Als ich aus dem Zug gestiegen war und an der langen Reihe Wagen entlang ging zur Halle hin, verlängerte sich wieder der Eindruck einer schmutzigen Verwahrlosung beträchtlich, wieder überall Zerfall, eine latente Verwahrlosung des Lebens, die sich in der riesigen Menge der winzigen Einzelheiten zeigt – und vielleicht hatte ich immer noch Reste einer alten Vorstellung in mir, daß eine Weltstadt wie Rom funkelnd sein würde, bizarr, blendend und auch gefährlich für die Sinne – eben ein wirbelnder Tagtraum und voll rasanter Betriebsamkeit, statt dessen war da ein grauer Zug erschlaffter Reisender.“
„Dahinten, in dem lehmigen, gelb-bröckeligen Sportpalast aus dem Jahr 72 v. Chr. hatte sie mal den Drecksleuten immer zur Mittagszeit, so als Zwischeneinlage, während das Gelümmel und menschliche Gehänge seine miesen Brotfladen rein-stopfte […], ungeübte nackte Menschen mit Schwertern vorgetrieben, jeder Hieb traf. Da schwenkten sie schreiend ihre Stummelarme, aus denen die roten Fäden rausliefen, und blutige Fleischstücke flogen durch die Luft, aus der geschlitzten Bauchhaut quollen die Innereien hervor, während der Pöbel fraß.“
Landschaft
1 verrußter Baum,
nicht mehr zu bestimmen
1 Autowrack, Glasscherben
1 künstliche Wand, schallschluckendverschiedene kaputte Schuhe
im blätterlosen Gestrüpp„Was suchen Sie da?“
1 Essay, ein Ausflug in die Biologie
das Suchen nach Köcherfliegenlarven, das gelbe Licht 6 Uhr nachmittags1 paar Steine
1 Warnschild „Privat“
1 hingekarrtes verfaultes Sofa
1 Sportflugzeugmehrere flüchtende Tiere,
der Rest einer Strumpfhose an
einem Ast, daneben1 rostiges Fahrradgestell
1 Erinnerung an
1 Zenwitz